In diesem Blogpost lasse ich euch an meiner Reise nach Kamerun teilhaben.

 

Start ins Ungewisse

Nach 16 Stunden Flug sind wir 4:00 Uhr in Douala gelandet. Am Flughafen gab es noch eine endlose Prozedur mit Schnelltest, Fingerabdrücken abgeben und dem Ausfüllen von vielen Formularen.

Warum sind Sie in Kamerun und wo werden Sie sich aufhalten, …”

Nachdem wir festgestellt haben, dass kein Shuttle auf uns wartet, haben wir ein Taxi zum Hotel genommen. Das Auto wäre bei uns wahrscheinlich nicht einmal mehr durch die HU gekommen :-)
Aber gut, wir sind ja in Afrika. Straßenschilder vermisse ich und Ampeln stehen nur zu Deko. Das waren meine ersten Erfahrungen im Straßenverkehr.

Im Hotel angekommen, erfahren wir als Erstes, dass es im Moment kein Wasser gibt… Hoffentlich morgen wieder, heißt es.
Aber was wünscht man sich sehnsüchtiger nach 16 Stunden Flug, als eine erfrischende Dusche… Naja, ich bin erstmal dankbar dafür, hier zu sein.
Es wurden mir dann zwei 10 Liter Eimer Wasser aufs Zimmer gebracht.
Herzlich Willkommen in Kamerun!

Nach drei Stunden Schlaf stehe ich auf und öffne mein Hotelfenster.
Die ersten prägenden Eindrücke… ich starre mindestens 30 Minuten auf die Kreuzung vor dem Hotel.
Es wird gehupt und jeder fährt wie er möchte. Autos, Motorräder, Schulbusse, Lastfahrzeuge und Taxi´s. Und alles kreuz und quer.

 

 

Ich bin ja nicht im Urlaub

Mit 3 Stunden Schlaf und 16 Stunden Anreise fühle ich mich natürlich super ausgeruht.
Gegen 9:00 Uhr sind wir dann los in Richtung Kaffeefabrik in der Nähe des Hotels in Douala.

Heute am 11.02. ist ein nationaler Feiertag in Kamerun. Tag der Jugend. Alle Schulen kommen mit ihren SchülerInnen der Stadt, um an einem Umzug teilzunehmen. Die Kinder haben alle ihre verschiedensten Uniformen an und haben unter anderem Tänze einstudiert. Andere singen Lieder und spielen Instrumente.

Ich habe den ganzen Tag damit zu tun diese Eindrücke, die Hitze, die Lautstärke und den Geruch dieser Stadt zu verarbeiten.

Hunger Fehlanzeige. Dafür trinke ich den ganzen Tag Wasser ohne Ende, mindestens 6 Liter… Bei gefühlter Temperatur von über 40 Grad und 138% Luftfeuchtigkeit // Hinweis an der Stelle – In Deutschland waren es 5 Grad… // blieb mir zudem nichts anderes übrig als Wasser zu trinken und frisches Obst zu essen. Ananas und Papaya sind hier meine Favoriten. Traditionelles Essen habe ich auch probiert, aber das ist dann doch deutlich zu scharf.

Nachdem Wilson mir die Fabrik gezeigt hat und wir die Woche geplant haben, ging es weiter.

13:00 Uhr – Dreadlock Friseur. Wilson bekommt seine Haare gemacht.
Hab ich unterschätzt…
Zwei Stunden warten später… Der Geruch und die Hitze wurden mir einfach zu viel. Mir wurde schlecht und ich bin alleine zurück zum Hotel gelaufen.

Dort habe ich mich dann erstmal ausgeruht.

 

Kaffee Farm Live

Tag 2 – 4:00 Uhr aufstehen, 5:00 Uhr ist Start im Hotel Richtung Santchou zur Robusta Kaffee Farm. Auf der Fahrt frage ich wie weit wir fahren. Aber in Kamerun wird alles in Stunden angegeben.
Wieviel Km es sind ist nicht wichtig. Verrückt, ganz anders als bei uns. 3:30 Stunden fahren wir, das Navi auf meinem Handy sagt 138 km.

Wir starten und so langsam geht die Sonne auf, es ist circa 6:30 Uhr. Als wir die Sonne endlich sehen können zwischen den Wolken ist sie einfach ein riesiger roter Ball. Schon sehr beeindruckend!

Wir halten an um ein Bild zu machen und stehen auf einmal auf einem Ananasfeld.

 

An der Stelle muss ich euch Mr. Lary vorstellen. Mittelsmann von Wilson in Kamrun, offener Typ und heute unser Fahrer.
Ich habe einen Deal mit ihm. Er lehrt mir Französisch und ich ihm Deutsch. Wir sprechen über Afrika und Deutschland und vieles mehr.
Zum Beispiel, wann bekommen Frauen Kinder in Kamerun? Meist noch vor dem 18. Lebensjahr, spätestens mit Anfang 20 meint er… Er lacht, als ich ihm sage wann wir üblicherweise Kinderkriegen in Deutschland.

Eines der vielen Highlights sind die frischen Früchte! Wir machen einen Stop um frische Bananen zu kaufen. Unglaubliches Geschmackserlebnis – es schmeckt einfach alles frischer und intensiver als bei uns.
Übrigens, 10 frische Bananen, direkt vom Feld, kosten hier umgerechnet ca. 50 Cent.

Bei einem nächsten Stop kaufen wir Zuckerrohr. Ich kenne das gar nicht und versuche es so zu essen wie sie es in Afrika tun… Das gelingt mir nicht so richtig und alle fangen an zu lachen.

Es gibt auf dem Weg nach Santchou drei Zollpunkte, an denen wir für das Durchqueren der Region Geld bezahlen müssen. Meine erste Frage, was machen die mit dem Geld? Straßen bauen? Unklar, so richtig transparent sind sie hier nicht ;-)

Auf der Farm angekommen warten wir auf die Farmer. Es ist Samstag und daher auch keine Schule. Es sind viele Kinder allein zu Hause. Die Farmer leben in einem alten Haus, haben kein Bett, keine (Haus)Tür und leben so simpel wie man es sich kaum als Europäer vorstellen kann.

Nach 45 Minuten am Haus der Farm laufen wir los. Es geht Richtung Kaffee Farm in den Wald hinein.
Wir laufen über einen riesigen Platz, welcher der Schulhof ist, und sehen die ersten Kaffeepflanzen. Es sind nahezu Bäume mit sehr dicken Stämmen.

Hier kurz zusammengefasst die Fakten zur Robusta Farm in Santchou:

– 6 Hektar groß

– es können max. 50 Säcke á 100 Kg geerntet werden

– Mutter des Farmers ist 70 Jahre alt

– Kaffeepflanzen sind teilweise 45 Jahre alt

– Ernet: 1x im Jahr

– 60 Kg – 200 Kg schafft eine Person pro Tag (Kommt auf die Anzahl der reifen Kirschen an)

– Täglich 07:00 Uhr bis Mittag

Zur Unterstützung in der Hochzeit der Ernte kommen für ca. 2 Wochen 5 weitere Personen dazu. Die Helfer bekommen 1500 CFR (ca. 2,27€) pro Sack beim Stripping*. Beim Selective Picking* deutlich mehr.

Wir machen viele Bilder auf der Plantage mit den Kaffeepflanzen.

Außerdem bin ich natürlich auch zum Arbeiten da und unterstütze beim Selective Picking, um mal ein Gefühl zu bekommen, wie aufwendig das ist. Die Bäume sind sehr groß, sodass ich mit meiner Körpergröße schon fast Probleme habe.

WISSEN ZWISCHENDURCH
Die Farmer können kaum nur von der Kaffeeernte leben. So sehe ich zwischen den vielen Kaffeepflanzen noch Kakaopflanzen, Bananen, Palmen, Avocado Bäume, Mango Bäume und vieles mehr.
Das Thema hat mich sehr berührt.
Sie müssen mittlerweile immer mehr Kakao anbauen, da es sich kaum noch lohnt nur mit Robusta Kaffee zu handeln. Die Farmer bekommen nahezu kein Geld für den Robusta und existentielle Grundlagen sind ernsthaft in Gefahr (kein Strom, viel Arbeit für viel zu wenig Geld, kein sauberes Trinkwasser, …)
Ich habe zum Beispiel Lollies für die Kinder mitgebracht. Ein Produkt, dass es bei uns für verhältnismäßig wenig Geld zu kaufen gibt. Als ich die verteilt habe, war die Dankbarkeit und Freude darüber unbeschreiblich.

Zurück zum Kaffee. Wilson möchte den Kaffee unbedingt aufnehmen.
Es wäre eine Schande so alte Kaffeepflanzen abzuholzen.
Heißt für dich, ab Oktober möchte ich diesen Kaffee von der Farm, die ich besucht hab ebenfalls in mein Sortiment mit aufnehmen! Gerade jetzt, wo ich gesehen habe wo das Geld ankommt!

 

Auszeit

Nachdem wir bereits tief im Wald sind, lege ich mich auf den Boden und versuche all die Eindrücke zu verarbeiten.
Als EuropäerIn weiß man, kann man erahnen, wie es in Afrika ist und hat auch schon Bilder und Videos gesehen. Aber all das zu erleben und mit eigenen Augen zu sehen…
Sich mit den Leuten auszutauschen und immer das Bild von unsrer Welt im Kopf, wo es uns an nichts fehlt und wir nicht um unser Leben kämpfen müssen Tag ein, Tag aus… Das ist schwer zu verarbeiten.
In diesem Moment hat mich das sehr mitgenommen und das tut es auch immer noch. Genau dieses Gefühl nehme ich aber mit nach Deutschland, um hier mit “Zur glücklichen Bohne” was Gutes zu tun für eben diese Kaffeefarmer.

Zurück am Haus waschen wir die frisch geernteten Kaffeekirschen. Das Wasser muss aus einem 20 Meter Tiefen Brunnen mit einem Eimer hoch geholt werden.
Ich habe es versucht, keine Chance.

 

 

Ähnlich aufregend war natürlich auch der Rest der Reise. Für meinen ersten Blogpost soll es das aber erstmal gewesen sein und ich möchte mein persönliches Fazit noch mit dir teilen.

Jeder sollte mindestens ein Mal im Leben nach Afrika reisen!

Die schönsten Momente der Reise…
– die Farm in Santchou
– der Genuss der Stille
– im Ursprung des Kaffees zu sein
– die Herkunft meiner ersten glücklichen Bohnen zu sehen und zu erleben
– die Menschen und Geschichten aufzunehmen
– und vieles mehr

All das zu erleben und mit der Familie, mit Freunden, Bekannten und Kaffeepartnern von Wilson Zeit zu verbringen, ist ein echtes Highlight für mich gewesen.
Die Menschen kennen zu lernen und der Austausch mit ihnen. Natürlich die Arbeit in der Fabrik in Douala, wo der Kaffee aufbereitet wird.
Zu erleben, wie Wilson selbstverständlich für all das kämpft und den Leuten einen Sinn gibt weiter zu machen, ist wirklich bemerkenswert.
Er lebt die Transparenz und die Ehrlichkeit. Wilson sagt selbst, er kann nicht jeden Kaffee in Kamerun kaufen, aber er kann die Bauern aufklären, wie der Kaffee bei uns gehandelt wird und welchen Stellenwert der Kaffee hat.
Indem er seine Bauern aufklärt, können diese die Informationen weitertragen. So bringt er Schwung in den Markt und die Bauern haben Argumente, wie Sie Ihre tollen Bohnen nicht unter dem Preis von Wilson verkaufen können.

 

Anderes Thema

Was mich zudem extrem bewegt hat…
Es gibt keinen Rassismus. Das Thema beschäftigt mich schon lange in Deutschland und dann dort in Kamerun zu erleben, dass sie das gar nicht kennen bzw. auch gar nicht nachvollziehen können, hat mich nachhaltig beeindruckt.
In dem Moment habe ich als hellhäutige Europäerin (ich habe während der gesamten Reise nur zwei weitere hellhäutige Personen gesehen) damit gerechnet, dass ich komisch angeguckt werde oder ausgegrenzt werde, aber das war nicht der Fall.
In den Gesprächen haben mir die einheimischen Kameruner erzählt, dass es Menschen gibt, die historisch betrachtet eine gewisse Wut mit sich tragen.

Der große Unterschied zu dem Rassismus in Deutschland beispielsweise ist, dass sie das nie pauschal auf eine Menschengruppe übertragen. Sie akzeptieren jede einzelne Person, egal welcher Herkunft oder Hautfarbe, als eigenständiges Individuum.

Diese Einstellung ist für mich die Utopie des Miteinanders und mein persönlicher Wunsch für die Zukunft.

 

Jetzt die große Frage: Was können wir ändern, wenn wir die Möglichkeit dazu hätten…

Wir können nachhaltig einkaufen. Also nachhaltig nachhaltig ;-)
Tipp: Achte auf Transparenz, wo du kannst
Zu dem Thema können wir uns auch immer gerne austauschen, denn Transparenz ist mir extrem wichtig.

Many happy coffee beans inside
“Viele glückliche Bohnen vom Anbaugebiet bis in deine Tasse”

Deine Lisa